METODO

International Studies in Phenomenology and Philosophy

Book | Chapter

219739

(1998) Literaturpreise, Stuttgart, Metzler.

Zwischen Distanz und Affinität

Anmerkungen zu Josef Pontens Weg in den Faschismus

Dietmar Lieser

pp. 101-122

Diese vielzitierten Sätze aus Erbschaft dieser Zeit enthalten in nuce Ernst Blochs »Theorie der Ungleichzeitigkeit«. Als solche will sie bekanntlich Diagnose, kritische Replik und Gegenprogramm zugleich sein. Diagnostisch verfährt sie insofern, als sie von dem aufklärerischen Bemühen getragen wird, die faschistische Instrumentalisierung der vom kapitalistischen System unabgegoltenen Irrationalismen bloßzustellen. Das impliziert natürlich in eins den kritischen Blick auf diese Vorgänge. Doch gilt dieser nicht nur den handgreiflichen Eklektizismen der nationalsozialistischen Ideologie. Wenigstens ebenso deutlich soll durch ihn die verfehlte Politik des orthodoxen Marxismus angezeigt werden, der in seiner positivistisch-wissenschaftlichen Voreingenommenheit die latenten »Massenphantasien« hochmütig als Zeugnisse eines regressiven Bewußtseins abtut, statt sie dialektisch zu wenden und damit dem politischen Gegner endgültig zu entreißen. Daß die »Theorie der Ungleichzeitigkeit« sich damit zugleich als Gegenprogramm konstituiert, liegt auf der Hand: sie gipfelt konsequent in dem Plädoyer für eine Rationalisierung des Irrationalen im Lichte der revolutionären Befreiung. Bloch wußte nur zu gut um die Vergeblichkeit dieser Anstrengung. Während er noch im Schweizer Exil nicht müde wurde, dem herrschenden Vulgärmaterialismus die groben Versäumnisse der Vergangenheit vorzurechnen, hatte der Faschismus die ungleichzeitigen Sehnsüchte breiter Bevölkerungskreise bereits zynisch in Dienst genommen und sogleich damit begonnen, ihre »künstlerische« Propagierung öffentlich zu prämieren.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-476-03724-4_5

Full citation:

Lieser, D. (1998)., Zwischen Distanz und Affinität: Anmerkungen zu Josef Pontens Weg in den Faschismus, in B. Kortländer (Hrsg.), Literaturpreise, Stuttgart, Metzler, pp. 101-122.

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