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International Studies in Phenomenology and Philosophy

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O. Schissel von Fleschenberg, Novellenkränze Lukians

Richard M. Meyer

pp. 455-456

Publication details

Review of: Otmar Schissel von Fleschenberg, Novellenkränze Lukians, Niemeyer, Halle (Saale), 1912.

Full citation:

Meyer, R.M. (1914). Review of Novellenkränze Lukians by Otmar Schissel von Fleschenberg. Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft 9, pp. 455-456.

O. Schissel von Fleschenberg, Novellenkränze Lukians Meyer Richard M; Archiving of XML in sdvig press database Open Commons May 2, 2019, 11:58 am ( )

Die mühsam gearbeitete und mühsam zu lesende Arbeit ist ein charakteristischer Beitrag zu der neu erwachenden "literarischen Phänomenologie". Man versucht von vorgefaßten Meinungen über den Kunstzweck vorerst einmal abzusehen und lediglich herauszuarbeiten, was einem Kunstwerk oder einer Gruppe von Kunstwerken gattungsgemäß eigen ist. Nun setzt zwar die Gruppenbildung — im vorliegenden Fall die der "Rhetorik" — gewisse Kriterien bereits voraus; doch mag es angehen, da das unzweifelhafte Bekenntnis des Autors selbst zu dieser bestimmten Richtung weitere Prüfung ersparen kann. Somit gilt es die Kunstformen der Rhetorik — natürlich ist das Wort hier als "schriftliche Kunst der Rhetoren" zu verstehen — festzustellen (S. VII f.), im bewußten Gegensatz zu denen, die an Lukian den Maßstab der Poesie anlegen. Hier aber gleich ergeben sich doch sehr bedenkliche Folgerungen. In apodiktischer Weise wird die Gliederung der Poesie nach ihren stilistischen Darstellungsformen als oberflächlich abgetan — während wir geneigt sind, eine solche Auffassung, die die Bedingtheit der stilistischen Darstellungsform durch den werkbildenden Kern des Gegenstandes selbst völlig verkennt, unsererseits für recht äußerlich zu halten. Auch die Auseinandersetzungen über Quellen und Quellenforschungen (S. XI f.) gehen aus einer Anschauung hervor, die allem Verständnis für den poetischen Prozeß fern lediglich bis zum Schema gelangt — zu einem Schema allerdings, das das von dem Schriftsteller selbst aufgezeichnete nahezu wiedergeben mag. So liegt denn auch das Verdienst der Studie selbst — wie einer früheren über E. Th. A. Hoffmann, bei der aber die Elimination des "unbewußten" Elements noch schädlicher wirkt — in diesem bedächtigen Aufbau der Schemata mit ihren sorgfältigen Berechnungen der Gewichtsverhältnisse (z. B. S. 39, 67) und Symmetriebildungen ("kontrastparallele Komposition", freilich kein erfreulicher Ausdruck, S. 65). Aus diesen räsonierenden Tabellen ist manches zu lernen, wenn selbst der Leser, wie das bei mir der Fall ist, bezüglich der literarischen Kritik dem Verfasser einfach Glauben schenken muß. Aber das Verdienst geht schwerlich so weit, daß es den Analytiker gleich berechtigte, von einem bedeutenden Synthetiker wie Rohde wie von einem Schuljungen zu reden (eine Charakteristik Rohdes "ein Muster von Lüderlichkeit" S. 107, Anm.). Man wundert sich immer wieder, wie wenig feine Kunst auf den Ton ihrer Bewunderer Einfluß" zu gewinnen vermag. Berlin.

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