METODO

International Studies in Phenomenology and Philosophy

Book | Chapter

217496

(2002) Schriftgedächtnis — Schriftkulturen, Stuttgart, Metzler.

"Die Krone bin ich aller Wissenschaft,/ Geheimnisvoll, ein Wunder rätselhaft"

Lateinische Antiqua-Kursive und hebräische Mashait — (Semi-)Kursive schriften im Inkunabelndruck

Corinna Kaiser

pp. 259-278

Aus dieser Textstelle im Buch Ijob versuchte der italienische Arzt Abraham Portaleone in seiner 1612 in Mantua erschienen Schrift abzuleiten, daß es sich bei dem Druck mit beweglichen Metallettern um eine uralte — »very close in time to the creation of the universe«3 — jüdische Erfindung handele, schließlich werde mit Eisen und Blei, Materialien, die im Buchdruck zum Einsatz kommen, Text eingeprägt (›קקח‹) und nicht nur geschrieben (›בתכ‹).4 Diese, heute lediglich historisch-anekdotischen Wert besitzende Auslegung hat erstaunliche Implikationen: So hätte bereits Moses, traditionell als Verfasser des Buches Ijob angesehen, Kenntnis besitzen müssen von der Kunst des Druckens, da er darüber schrieb. Doch inzwischen gilt als gesichert, daß der hebräische Buchdruck seinen Auftakt erst im letzten Drittel des 15. Jahrhundert d.Z. in Italien nahm, der erste datierte hebräische Druck stammt aus dem Jahre 1475. Grundsätzlich gilt: »Hebrew incunabula were printed by the same methods and with the same utensils as those used by the non-Jewish presses.«5 Der hebräische Buchdruck hat aufgrund von Besonderheiten der hebräischen Schrift und Traditionen ihrer Anwendung durchaus bedeutende Beiträge zur Weiterentwicklung des Druckes geleistet. Diese Beiträge sind auf den Feldern des Schriftsatzes und der Typographie zu verorten und werden von der buchwissenschaftlichen Forschung allzu oft ignoriert, so daß der Eindruck entsteht, hebräische und nichthebräische Buch- und Druckgeschichte hätten keine gemeinsame Schnittmenge.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-476-02870-9_16

Full citation:

Kaiser, C. (2002)., "Die Krone bin ich aller Wissenschaft,/ Geheimnisvoll, ein Wunder rätselhaft": Lateinische Antiqua-Kursive und hebräische Mashait — (Semi-)Kursive schriften im Inkunabelndruck, in V. Borsò, G. Cepl-Kaufmann, T. Reinlein, S. Schönborn & V. Viehöver (Hrsg.), Schriftgedächtnis — Schriftkulturen, Stuttgart, Metzler, pp. 259-278.

This document is unfortunately not available for download at the moment.