METODO

International Studies in Phenomenology and Philosophy

Book | Chapter

218101

(1989) Politik und Gesellschaft in sozialistischen Ländern, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

Die Psychologie der DDR im Spannungsfeld von Politischer Funktionalisierung und Wissenschaftlicher Emanzipation

Norbert Kapferer

pp. 77-98

Auf die Frage nach dem Verhältnis von Wissenschaft und Herrschaft weiß der Marxismus-Leninismus eine bündige Antwort: Wissenschaft war nie wertneutral und stand spätestens seit ihrer Durchsetzung als gesellschaftsverändernde Kraft im Dienste der jeweils herrschenden Klasse. Daran habe sich natürlich auch im Sozialismus nichts geändert, allerdings sei hier die herrschende Klasse die Arbeiterklasse und alle Werktätigen unter der Führung ihrer Avantgarde, der Partei. In der Deutschen Demokratischen Republik, wie bislang in den meisten anderen sozialistischen Staaten, machte diesem Selbstverständnis gemäß auch niemand einen Hehl aus dem Sachverhalt, daß die Wissenschaften und ihre Erkenntnisse der Kontrolle der Partei direkt unterstehen. Dabei wurde allerdings vehement bestritten, daß wissenschaftliche Erkenntnisse fundamentalen ideologischen Grundsätzen der Partei jemals widersprechen könnten, zumal diese selbst als "wissenschaftlich" fundiert behauptet wurden. Aus diesem Grund spielte die marxistisch-leninistische Philosophie von Anfang an eine entscheidende Rolle, um die in den Natur- und Sozialwissenschaften gewonnenen Ergebnisse so zu interpretieren, daß sie mit den aktuellen ideologischen Erfordernissen in Einklang standen. Das führte im Laufe der Zeit zu einer gewissen Arbeitsteilung: Die praxisrelevanten empirischen Ergebnisse der Natur- und Sozialwissenschaften flossen ungefiltert in die entsprechenden gesellschaftlichen Anwendungsbereiche, während die Philosophie sie auf System- und Ideologieverträglichkeit hin sortierte und auslegte.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-663-11066-8_4

Full citation:

Kapferer, N. (1989)., Die Psychologie der DDR im Spannungsfeld von Politischer Funktionalisierung und Wissenschaftlicher Emanzipation, in R. Rytlewski (Hrsg.), Politik und Gesellschaft in sozialistischen Ländern, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, pp. 77-98.

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