METODO

International Studies in Phenomenology and Philosophy

Book | Chapter

204320

(1997) Scham — ein menschliches Gefühl, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

Zur Differenzierung zwischen Scham und Schuld

Wolfgang Blankenburg

pp. 45-55

Das Thema "Scham" fand in den vergangenen Jahren vermehrt Beachtung.1 Dafür lassen sich unterschiedliche Gründe anführen: In den westlichen Kulturen stand die "Scham" lange Zeit im Schatten der "Schuld". "Schuld" galt als die dem erwachsenen Menschen angemessenere, reifere Form einer Selbstbetroffenheit; "Scham" dagegen als vergleichsweise primitivere Reaktion, als Ausdruck einer niedrigeren Stufe von Autonomie. Sagt man doch zum Kleinkind bei einem Lapsus "Schäm dich!", zu einem älteren Kind eher: "Geh in Dich!"; verbunden mit der Erwartung, es werde den Maßstab für sein Tun und Lassen in sich selbst finden. Dies gilt erst recht für den erwachsenen Menschen. Bei einem Fehlverhalten werden von ihm eher Schuld- als Schamgefühle erwartet. Der Appell an die Eigenverantwortlichkeit und damit an die Bereitschaft, "Schuld" zu übernehmen, gilt im Vergleich mit Beschämungen als angemessener, um eine Änderung herbeizuführen. Gleichwohl spielen Beschämungen, die "unter die Haut gehen", wie man zu sagen pflegt, nach wie vor eine beachtliche — nur zu wenig reflektierte — Rolle. Sie werden zudem von vielen Menschen eher verdrängt als Schuldgefühle.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-322-91270-1_3

Full citation:

Blankenburg, W. (1997)., Zur Differenzierung zwischen Scham und Schuld, in R. Kühn, M. Raub & M. Titze (Hrsg.), Scham — ein menschliches Gefühl, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, pp. 45-55.

This document is unfortunately not available for download at the moment.