METODO

International Studies in Phenomenology and Philosophy

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Poststrukturalismus/Postmoderne und das Nahen der Wende in der DDR

Utz Riese

pp. 425-439

Poststrukturalismus in der DDR? Das kann es doch gar nicht gegeben haben! Eine Weltbetrachtung, die nicht nur jede Teleologie, schlechthin jede Vision zu geschichtlicher Fülle und Erfüllung unterminiert, sondern im selben Atemzuge auch noch jede Setzung des Satzes, jegliche Vernunft als Maßstab seriösen Argumentierens und sozialer Übereinkunft — sei es im wissenschaftlichen oder künstlerischen, sei es im politischen Diskurs — in die Spuren eines nichtessentia-listischen Anderen, ins endlose Entsetzen des Gesetzten verflüchtigt — ein solches Verfahren müßte doch wohl Anathema für eine Sozialordnung sein, die sich auf den Bahnen utopischer Geschichtserfüllung (oder wenigstens doch sozialer Gerechtigkeit im Inneren und einer Koalition der Vernunft nach außen hin) dünkte, welche also die Universalien ›Geschichte‹ und ›Vernunft‹ ununterbrochen thematisierte, als hätte allererst sie dieselben gepachtet? Wenn dennoch poststrukturales Denken in literarischen Diskursen aufschien, so mußte es wohl das Nahen einer erheblichen und, wie wir heute wissen, irreversiblen Wende ankündigen. Und wäre es zunächst auch nur die Hinwendung zu einem Spiel mit unterschiedlichen emanzipativen, komplizenhaften Weisen diskursiver Subjektkonstitution gewesen, das aber doch die Chancen auf eine ›Ästhetik der Existenz‹, eine Selbstkonstitution als ›moralisches Subjekt‹ (wie der späte Foucault das dann noch nannte) immerhin und trotz allem neuartig eröffnete? Dies freilich geschah auf keineswegs spektakuläre Weise.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-476-03631-5_26

Full citation:

Riese, U. (1996)., Poststrukturalismus/Postmoderne und das Nahen der Wende in der DDR, in L. Danneberg & F. Vollhardt (Hrsg.), Wie international ist die Literaturwissenschaft?, Stuttgart, Metzler, pp. 425-439.

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