METODO

International Studies in Phenomenology and Philosophy

Book | Chapter

222655

(1990) Der Mensch inmitten der Geschichte, Stuttgart, Metzler.

Vom Sinn der Geschichte

Karl Löwith

pp. 305-319

Die uferlose Frage nach dem Sinn der Geschichte im großen und ganzen ist nicht dieselbe wie die begrenzte Frage nach der Bedeutung bestimmter Geschehnisse. Beide Fragen sind zu unterscheiden von der Erforschung desjenigen Geschehens, das fraglos von Natur aus, von selbst geschieht, ohne den Willen des Menschen, dessen Handeln auch das Erleiden der Geschichte bewirkt. Alles Naturgeschehen, die Geschichte der Erde und des Kosmos, ist nicht geschichtlich im menschlichen Sinn. Es geschieht jenseits von Gut und Böse und diesseits von Sinn und Unsinn. Man kann nach dem Sinn geschichtlicher Revolutionen fragen, indem man ihre Bedeutung auslegt, aber nicht nach dem Sinn der wörtlich verstandenen re-volutiones, d.h. der regelmäßigen Umläufe der Himmelskörper. Der Aufgang und Untergang von Zivilisationen geschieht nicht wie der Aufgang und Untergang der Sonne. Wir erleiden daher Naturkatastrophen anders als weltgeschichtliche, obwohl die Zerstörung einer Stadt durch ein Erdbeben im Effekt nicht verschieden ist von einer technisch geplanten Vernichtung durch Bomben.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-476-03324-6_11

Full citation:

Löwith, K. (1990). Vom Sinn der Geschichte, in Der Mensch inmitten der Geschichte, Stuttgart, Metzler, pp. 305-319.

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