METODO

International Studies in Phenomenology and Philosophy

Book | Chapter

218358

(2009) Die Permanenz des Ästhetischen, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

Die Regel und die Ausnahme

Zur Kanonisierbarkeit des Schönen

Thomas Macho

pp. 121-135

In seiner Abhandlung De Statua(von 1434/35) unterscheidet Leon Battista Alberti nicht nur die bildnerischen Strategien des Wegnehmens und Hinzufügens, der Reduktion und der Akkumulation, sondern auch die beiden Absichten der dimensiound der finitio, der Ausmessung und der Begrenzung. Die Differenz zwischen diesen Absichten ergebe sich, so argumentiert Alberti, aus verschiedenen Zielen: Zwar streben alle Bildhauer nach Ähnlichkeit – similitudo –, doch wollen die einen, "daß ein Bild, nach seiner Vollendung, einem bestimmten Lebewesen, zum Beispiel einem Menschen, vollkommen ähnlich sehen soll", wobei es ganz unerheblich bleibt, ob "die Züge des Sokrates oder Platons oder sonst eines bekannten Menschen" wiedergegeben werden, während die anderen 'sich bemühen, nicht einfach einen Menschen, sondern das Aussehen und die ganze körperliche Erscheinung eines bestimmten Menschen nachzuahmen und darzustellen: zum Beispiel Caesars oder Catos", wie er "auf eine bestimmte Weise, in bestimmter Haltung vor dem Tribunal sitzt oder eine Volksrede hält" (Alberti 2000: 147-149). Idealisierung wird gegen Individualisierung gesetzt, Proportionen gegen Umrisse; tatsächlich muss ja ein Bildhauer, der die ideale Gestalt schaffen will, vorrangig die Maßrelationen berücksichtigen, die Alberti selbst tabellarisch aufgezeichnet hat (ebd.: 168-177), während ein Bildhauer, der ein realistisches Porträt erzeugen will, "die Endpunkte, die Lage und Anordnungen aller Winkel, Erhebungen und Einbuchtungen festhalten" muss, "und zwar auf eine Weise, die der Wirklichkeit entspricht, keinen Zweifel lässt und einsichtig ist". Begrenzung, so Alberti, heiße "das Verfahren deswegen, weil es die Länge und die äußersten Grenzen aller Linien, die gleichsam von einer mittleren Vertikalen aus – als einem angenommenen Zentrum – bis zu den entferntesten Endpunkten des Körpers gezogen sind, feststellt und beschreibt" (ebd.: 159).

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-531-91472-5_6

Full citation:

Macho, T. (2009)., Die Regel und die Ausnahme: Zur Kanonisierbarkeit des Schönen, in M. Sachs & S. Sander (Hrsg.), Die Permanenz des Ästhetischen, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, pp. 121-135.

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