METODO

International Studies in Phenomenology and Philosophy

Book | Chapter

222655

(1990) Der Mensch inmitten der Geschichte, Stuttgart, Metzler.

Weltgeschichte und Heilsgeschehen

Karl Löwith

pp. 115-154

Wir setzen gewöhnlich voraus, daß es zwei Welten gibt: die Welt der Natur und die Welt der Geschichte. In der einen weiß sich der Mensch mehr oder minder fremd, weil sie ohne ihn, von Natur aus, ist; mit der andern mehr oder minder vertraut, weil sie eine von ihm hervorgebrachte, menschliche Welt ist. In beiden Welten geschieht etwas, aber das Naturgeschehen scheint in die menschliche Welt zumeist nur herein, sofern es kulturfördernd und -hemmend ist. Wir fragen darum auch nicht nach dem Sinn der Natur, sondern nur nach dem Sinn der Geschichte. Der Mensch wird zwar immer wieder von seiner eigenen Welt und Geschichte wie von etwas Fremdem und Sinnfremdem überwältigt; was ihn dabei überwältigt, ist aber doch ein Geschehen, das auf dem Handeln des Menschen beruht. Diese Unnatur des geschichtlichen Geschehens gehört zur »Natur« des Menschen. Je künstlicher, kultivierter und zivilisierter unsere Zustände sind, desto mehr verlangen wir zurück zur Natur. Das seit Rousseau vernehmliche »Unbehagen in der Kultur« und die Flucht zur Natur bestätigt nur, daß wir kultur-geschichtlich existieren und der Natur entfremdet sind.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-476-03324-6_4

Full citation:

Löwith, K. (1990). Weltgeschichte und Heilsgeschehen, in Der Mensch inmitten der Geschichte, Stuttgart, Metzler, pp. 115-154.

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