METODO

International Studies in Phenomenology and Philosophy

Book | Chapter

222655

(1990) Der Mensch inmitten der Geschichte, Stuttgart, Metzler.

Christentum, Geschichte und Philosophie

Karl Löwith

pp. 339-357

Das Christentum ist nicht nur eine historische Religion unter anderen im Lauf und Verlauf der Weltgeschichte; es beansprucht nicht weniger zu sein, als die Offenbarung der Wahrheit. »Wahr« ist, biblisch verstanden, aber nicht ein Sachverhalt, sondern derjenige, auf den man sich verlassen und dem man unbedingt vertrauen kann1. Gott selbst ist die Wahrheit. Weil sich aber der Gott des christlichen Glaubens in einem bestimmten Menschen zu einer bestimmten Zeit geoffenbart hat, kann man das Christentum, im Unterschied zu anderen nicht minder historischen Religionen, in einem ausgezeichneten Sinn eine »geschichtliche« Offenbarung nennen. Wenn man ferner den Glauben an Gottes Offenbarung in Christus von vornherein unter den Begriff des »Christentums« faßt und dieses in die allgemeine Geschichte einbefaßt, dann wird man schon diese einzigartige göttliche Offenbarung selber mißverständlich eine geschichtliche nennen, obwohl sie ursprünglich weder der Geschichte entspringt noch die Weltgeschichte vergöttlicht und verchristlicht hat. Im Neuen Testament ist Gottes Offenbarung in Christus seine einmalige Selbstenthüllung im »Menschensohn«, und den besten Beweis dafür, daß Jesus als Christus der Gottmensch ist, liefert die Auferstehung, mit der er sich über Leben und Tod eines jeden historischen Menschen und über alle Geschichten der Welt erhebt.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-476-03324-6_13

Full citation:

Löwith, K. (1990). Christentum, Geschichte und Philosophie, in Der Mensch inmitten der Geschichte, Stuttgart, Metzler, pp. 339-357.

This document is unfortunately not available for download at the moment.